RADIO TAIWAN INTERNATIONAL – DIE DEUTSCHEN ANFÄNGE

AUTOR: Josef Theobald

VORWORT

Die ersten regierungseigenen Sendestationen Chinas wurden 1927 in
Peking (Beijing) und Tientsin (Tianjin) errichtet. Im Jahre 1928 wurde
die Central Broadcasting Station (kurz: CBS) vom Zentralen Exekutiv
Komitee der Kuomintang (Guomindang) ins Leben gerufen. Zunächst
nutzte man für den Sendestart einen 500-W-Sender von der Western
Electric. Diese Technologie wurde ersetzt im zweiten Jahr durch einen
75-kW-Sender von Telefunken. Als 1937 die Nationalregierung nach
Nanking (Nanjing) umzog, wurde die Zentralstation zerlegt und die
Technik und die Ausrüstung in das Innere des Landes verlegt.

Für Sendungen nach Amerika, Europa und ins übrige Ausland wurde
als Kurzwellendienst die Chinese International Broadcasting Station
(kurz: CIBS) ins Leben gerufen, die unter den Bezeichnungen XGOX
oder XGOY auftrat. Nachrichten, Kommentare, Beiträge und andere
Programmpunkte wurden von dieser Kurzwellenstation in Chinesisch
und in Fremdsprachen gesendet. Zu den verwendeten Fremdsprachen
der Chinese International Broadcasting Station gehörten Englisch (Haupt-
sprache), Japanisch, Russisch, Burmesisch, Malaysisch, Niederländisch,
Thailändisch, die Sprachen Indochinas, Indisch, Koreanisch, Französisch
und Spanisch. [1]
        
BEITRAG

Am 9. Oktober 1986  tönte es zum ersten Mal offiziell aus den Laut-
sprechern unzähliger Radios in aller Welt: „Hier ist die Stimme des
Freien Chinas aus Taipei, Taiwan, Republik China.“ [2]

Am 10. Oktober feiert man alljährlich auf der chinesischen Insel Taiwan
den Doppelzehnten in Erinnerung an die Ausrufung der provisorischen
Republik am 1. Januar 1912 durch Sun Yat-sen und an den Wuchang-
Aufstand vom 10. Oktober 1911. [3]  

Nach dem Abkommen von Kairo im Jahre 1943 wird die Insel Taiwan
im Oktober 1945 von der Guomindang- (Kuomintang-) Regierung als
Provinz Taiwan wieder China angegliedert. Im Dezember 1949 setzt
die nationalchinesische Regierung unter Tschiang Kai-schek auf der
Flucht vor den kommunistischen Truppen auf die Insel Taiwan über.
Mit ihr kamen 1,5 Millionen Parteianhänger auf die Insel. [4]

Ende des Jahres 1925 spaltete sich die Guomindang in einen rechten
und in einen linken Flügel. Tschiang Kai-schek war der Repräsentant
des rechten Flügels, der im November 1925 in den Westbergen der
Stadt Beijing eine Konferenz abhielt, die eine bis heute andauernde
Spaltung der Guomindang manifestierte. [5] Tschiang war schon zu
dieser Zeit ein erklärter Antikommunist gewesen und war während
der japanischen Aggression widerwillig zu einer Koalitionsregierung
mit den Kommunisten zu bewegen.

Taiwan zählt heute zu den kleinen Tigerstaaten des Fernen Ostens,
die seit den Siebziger Jahren enormen Aufschwung verzeichneten.
Taiwan verfügt über eine breite Palette an industrieller Produktion,
von Schiffen über Autos zu Fahrrädern, von Maschinen über Phar-
mazeutika zu Halbleitern und Notebooks. Letztere werden für alle
internationalen Produzenten als so genannte Rohprodukte erzeugt.
[6] Traditionell gibt es gute Wirtschaftskontakte zur Bundesrepublik
Deutschland als einer seiner größten Handelspartner.   

Aus diesem Grunde gab es ein begründetes Interesse an deutsch-
sprachigen Sendungen aus Taiwan. Zunächst nannte man sich ja
STIMME DES FREIEN CHINA, ein Name, der in den Dreißiger
Jahren schon verwendet wurde. Damals zur Zeit der japanischen
Aggression gegen China ging es um handfeste Propaganda. Ab
Januar 1998 trat man als RADIO TAIPEI INTERNATIONAL auf.
Seit 2003 ist man als RADIO TAIWAN INTERNATIONAL bei den
Hörern ein Begriff.

In den ersten Jahren der deutschsprachigen Sendungen war man
noch ein Regierungssender. Heute ist man schließlich Teil einer
öffentlich-rechtlichen Anstalt.

Schon früh lehnte sich das deutschsprachige Programm an das
englischsprachige Pendant an, sowohl vom Inhalt als auch von
der Form her. So war die Sendestruktur, mit Ausnahme bei den
Sondersendungen, stets die Gleiche. So waren in den ersten 20
Minuten Nachrichten zu hören, getrennt nach In- und Auslands-
meldungen, dann der Kommentar und etwas Musik. Die darauf-
folgenden 20 Minuten waren wiederum der chinesischen Musik
gewidmet. Hierbei unterschied man die Popmusik von der tradi-
tionellen klassischen Musik. Des weitern kamen das chinesische
Volksgut bzw. Campus- bzw. Studentenlieder zur Sprache. Mit-
geliefert wurden jeweilige Informationen über das gespielte Mu-
sikstück (Biografie des Sängers, Inhalt des Stückes sowie nette
Gegebenheiten am Rande).

Den Schluss der Sendung bildeten Informationen über die Kultur
und Wirtschaft Chinas. Auch Tipps für künftige Touristen durften
nicht fehlen. [2]

Die Deutsche Redaktion ist relativ klein. Die Mehrzahl besteht
aus freien Mitarbeitern. Heutige Leiterin ist Chiu Bihui, von der
Insel Taiwan stammend, die schon als Kind eine von deutschen
Missionaren geführte Schule besuchte. Neben ihr ist Uta Rind-
fleisch-Wu, eine der heute noch tätigen Redakteurinnen, Teil
des Teams (Kochstudio). Erster Radiosprecher war noch Mit-
glied der niederländischen Redaktion, nämlich Ido Welenga.

Heute strahlt RADIO TAIWAN INTERNATIONAL sein Programm
in 13 Sprachen und Dialekten aus. Dabei erreicht die Station eine
Gesamtzahl von 2.200 Stunden in der Woche.

Für die Sendungen nach Europa verwendete man zunächst die
Sendeanlagen von FAMILY RADIO (WYFR) in Okeechobee in
Florida (USA). Ab 1999 greift man auf Sender in Großbritannien
zurück. Heute zusätzlich auf Kurzwellensender in Frankreich.   

Noch dieser Hinweis: Auf Taiwan wird noch heute YALE statt
PINYIN als phonetische Umschrift verwendet. [7] Damit setzt
man sich bis heute vom kommunistischen Festland ab.

ANMERKUNGEN
[1] Chinesisches Ministerium für Presse und Information (Herausgeber),
     CHINA-HANDBOOK (1937-1943), The Macmillan Company, New
     York 1943, die Seite 278.
[2] KURIER der ADDX e. V., Porträt „DEUTSCHE TÖNE AUS TAIWAN“
     (Voice of Free China) von Heinz Krämer, Nr. 21/86, Seiten 7 + 8.
[3] FREIES CHINA Nr. 3, Januar – Februar 1989, Seite 3.
[4] Ostasien-PLOETZ, Verlag Ploetz, Freiburg/Würzburg 1986, Seite 85.
[5] Chinesische Geschichte, Verlag für fremdsprachige Literatur, Beijing
     2003, Seite 194.
[6] Isabella Ackerl, Die Staaten der Erde, Matrix Verlag, Wiesbaden 2007,
    Seite 223.
[7] FREIES CHINA, Nr. 4, März – April 1989, Seite 11.