DIE JÜDISCHE GEMEINDE IN BEAUMARAIS

AUTOR: Josef Theobald

Die Juden in Beaumarais gehörten bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts
zur Synagogengemeinde Wallerfangen. Im Jahre 1793 lebten in beiden
Orten zwölf jüdische Familien. Dann 1824 sind 36 Juden in Beaumarais
ansässig; bis 1895 stieg ihre Zahl auf 50 Einwohner. Wohl um 1844 ge-
gründet, wird schließlich 1863 eine selbständige Synagogengemeinde
mit der Rechtsform eines privatrechtlichen Vereins erwähnt, der auch
die Juden in Felsberg angeschlossen waren. Innerhalb der Gemeinde
bestand ein Frauenverein (1889 genannt). Während später die Felsberger
Juden 1904 die Synagogengemeinde Beaumarais verließen und nun der
Gemeinde Saarlouis angeschlossen wurden, verloren die Juden in Waller-
fangen ihre eigenständige Organisation und schlossen sich deshalb der
Synagogengemeinde Beaumarais an (1913 und 1924 nachgewiesen).
Ende 1935 wurden lediglich 24 Juden in Beaumarais gezählt. 1936 ist
die Synagogengemeinde nur noch nominell nachweisbar, sie war jedoch
faktisch nicht mehr existent.

Die Juden aus Beaumarais wurden vorwiegend in Dillingen, nach 1905
auch in Saarlouis beigesetzt.

Die Synagoge in Beaumarais wurde nach einer wiederholten Erlaubnis
zwischen 1844 und 1850 in der damaligen Muhlenstraße errichtet. Ein
Grund für den Bau und auch gleichzeitiger Anlass für die Separation
von Wallerfangen war der Platzmangel im dortigen Bethaus. Im Jahre
1891 sollte die Synagoge durch einen Neubau ersetzt werden. Doch
wurde ein entsprechender Beihilfeantrag durch das Innenministerium
abschlägig beschieden. Wohl 1936 aufgegeben, wird das Bethaus be-
reits Ende 1936 als verwahrlost bezeichnet, war jedoch bewohnt. Die
Synagoge überstand sowohl die Pogromnacht als auch den Krieg ohne
größeren Schaden. Nach langjährigem Leerstand des Gebäudes wurde
1962 ein Lagerhaus eingerichtet. 1967 wurde die Synagoge bis auf die
Höhe der Fensterbänke abgebrochen, aufgestockt und zu einem Wohn-
haus umgebaut.

Das Gebäude der Synagoge, ein schlichter nach Südosten orientierter
Längssaalbau mit flach geneigtem Satteldach, besaß mit ca. 12,50 m
Länge, 8 m Breite und einer Traufhöhe zwischen 5 und 6 m lediglich
bescheidene Ausmaße. Der verputzte Bruchsteinbau mit über Dach
geführten Giebeln war straßenseitig durch drei Rundbogenfenster mit
Sandsteinlaibungen gegliedert (ca. 2,70 m hoch, 1,30 m breit). Die ge-
genüberliegende südwestliche Traufwand wies nur ein offenbar gleich-
förmiges Fenster auf, die südöstliche Giebelwand ein Rundfenster (der
Durchmesser ca. 1,20 m). Betreten wurde der Betsaal über einen klei-
nen, nordwestlich dem Eingangsgiebel vorgelagerten Hof. [1]

Wieso blieb die Synagoge in Beaumarais Ende 1936 verwahrlost?

Durch die 1. Rückgliederung des Saargebietes nach Aufhebung des
„Status quo“ und nach einem Römischen Abkommen aus dem Jahre
1934 war es der jüdischen Bevölkerung erlaubt worden, das Saargebiet
zu verlassen. Man rechnete damals offiziell mit 95 % der Juden, die ihre
bisherige Heimat verlassen würden. Denn viele Juden wussten durch die
noch freie Presse im Saargebiet, dass es für sie im nationalsozialistischen
Deutschland keine Zukunft gab. [2]

Wie setzte sich die jüdische Bevölkerung im Saargebiet zusammen?

Im Saargebiet lebten vorwiegend orthodoxe Juden, die in lediglich wenigen
Branchen tätig waren, nämlich im Textilgewerbe, im Metallhandel, im Vieh-
und Getreidehandel, im privaten Geldgeschäft und in freien Berufen, etwa
als Ärzte und Anwälte. [3]

Eine wichtige Rolle für die deutschen Juden nach dem I. Weltkrieg spielte
der patriotisch gesinnte Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (RjF), der im
Jahre 1919 etabliert Mitte der Zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts rund
40.000 Mitglieder hatte. Hier vereinigten sich ehemalige Soldaten, die den
Beitrag jüdischer Männer zur Verteidigung des Vaterlandes jetzt besser ge-
würdigt wissen wollten und sich folglich gegen antisemitische Vorwürfe zur
Wehr setzten. [4] Doch stellten sie die letzte Gruppe, die der Vernichtungs-
maschinerie der Nationalsozialisten in Deutschland nicht entgingen.

Infolge der Weltwirtschaftskrise waren viele jüdische Kleinhändler und
Ladenbesitzer nach 1930 gezwungen, ihre Geschäfte zu schließen und
für ihre Familien soziale und finanzielle Unterstützung bei Behörden und
bei ihrer jüdischen Gemeinde zu suchen. In Berlin z. B. wurde 1931 fast
ein Viertel der Gemeindemitglieder sozial und finanziell unterstützt; ein
tendenzieller Verarmungsprozess hatte also eingesetzt. [5] Ein Grund
für diese Entwicklung ist vor allem in der zu geringen Eigenkapitaldecke
der jüdischen Kleinunternehmer zu suchen. Auch tätigten sie hohe Privat-
entnahmen für das modische Auftreten ihrer Familienmitglieder.  

ANMERKUNGEN
[1] Synagogen Rheinland-Pfalz / Saarland, Herausgeber: Landesamt
     für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit dem
     staatlichen Konservatoramt des Saarlandes und dem Synagogue
     Memorial Jerusalem, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2005. die
     Seite 435.
[2] Eigene Recherchen im Internet.
[3] Gershom Scholem, Judaica 4, Suhrkamp Verlag, Frankfurt (Main)
     1984, Seite 234.         
[4] Die Geschichte der Juden in Deutschland, die Herausgeber: Arno
     Herzig und Cay Rademacher, im Ellert & Richter Verlag, Hamburg
     2007, Seite 176.
[5] wie [4], jedoch die Seite 174.