DER URSPRUNG VON WEIHNACHTEN

AUTOR: Josef Theobald

Als Jesus Christus aus der Stadt Nazareth in Bethlehem geboren
wurde, gab es noch keine Standesämter und die damit verbundene
Meldepflicht wie heute. Was die Beschneidung eines Knaben in der
Provinz Judäa am achten Tage nach der Geburt oder die Auslösung
des erstgeborenen männlichen Kindes nach dem 31. Tage anging,
gab es hier beim Vater lediglich eine Beweispflicht (parallel Mischna
BECHOROT, VIII,6).

Das heutige Weihnachtsfest hat seinen Ursprung in Rom. Da der
Zeitpunkt der Geburt Jesu durch keine sichere Überlieferung be-
kannt war, wählte man im Gegensatz zum Orient (6. Januar) die
Zeit der Wintersonnenwende, also den 25. Dezember. An diesem
Tag nach dem römischen Kalender wurde das Fest des „Sol novus“
gefeiert. In späterer Zeit entwickelte sich dann hieraus das Fest des
„Natalis invicti“, d. h. der Tag des unbesiegten Sonnengottes. In der
Verbindung mit dem Mithras-Kult verbreitete sich dieser Festtag all-
gemein in der heidnischen Welt. [1]

Die christliche Transformation der Sonnengottfeiern auf die Geburt
Jesu kann sich auf den Propheten Maleachi (Kapitel 3, Vers 20) be-
rufen: Dem Gläubigen „soll aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit“.
[2]

Im Mittelalter entfaltete sich eine reiche weihnachtliche Volksfrömmig-
keit, so etwa in Gestalt geistlicher Weihnachtsspiele und Umzüge oder
von Dramatisierungen der Krippenszene, wobei – in Esels- und Narren-
festen – auch Facetten älteren Brauchtums fortwirkten, die als zum Teil
exzessives Festspiel kirchlich beargwöhnt und später auch unterbunden
wurden.

In der frühen Neuzeit verlagern sich wesentliche Elemente der Festge-
staltung in den häuslichen Bereich, aus den öffentlichen Krippenspielen
werden Holzkrippen in den Bürgerstuben. [3]

Um das Jahr 1509 soll im elsässischen Schlettstadt ein Christbaum ent-
weder gestanden oder gehangen haben. Später übernehmen schließlich
reiche Bürger aus evangelischen Gebieten den Brauch, ein Zimmer da-
mit zu schmücken. [2] Damit verbunden war die Bescherung der Kinder,
die zwar an die Gaben der Heiligen Drei Könige erinnern sollte, aber nur
durch das Christkind erfolgte. Die Weihnachtsbäume selbst waren mit
Äpfeln, Nüssen und Oblaten behängt worden. [4] Mit den Äpfeln hatte
man an den Baum im Paradies erinnert. Die bunten Glaskugeln heutiger
Christbäume sind die Nachfolger der Äpfel. 1539 soll zum ersten Mal im
Münster zu Straßburg ein Weihnachtsbaum gestanden haben.

Der Weihnachtsbaum wird schließlich im 18. Jahrhundert in gut gestellten
bürgerlichen und adligen Kreisen mit den darunter gelegten Geschenken
zum Mittelpunkt des häuslichen Weihnachtszimmers. [2] Allmählich sind
auch Kerzen an den Baum gekommen. Das Licht der Kerzen stand für
das Licht, das durch die Geburt Christi in die Welt gekommen ist. [4]

Um 1814 wurde durch einen protestantischen Bankier aus Berlin (A.
v. Arnstein) der Weihnachtsbaum in das katholische Wien gebracht.
Im Jahre 1817 stellte die aus dem Rheinland stammende Erzherzogin
Henriette (geb. von Nassau-Weibling) einen Christbaum auf. Damit
wurde der Baum im Hochadel etabliert. Vom Hochadel übernahm
das Bürgertum diese Sitte, weshalb Weihnachtsbäume schon ab
1830 in den bürgerlichen Häusern des deutsch-habsburgischen
Kaiserreiches üblich waren.

Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 ließen adlige Offiziere
festlich geschmückte Weihnachtsbäume in den Unterkünften und La-
zaretten aufstellen. Dadurch wurde der Brauch den einfachen Ständen
bekannt. [2]

Heute ist die weihnachtliche Symbolik fest verankert in Familienritualen
und in häuslichen Festgestaltungen: Licht (Kerzen, Adventskranz, Christ-
baum), Gaben (Geschenke, Weihnachtskarten), biblische und auch nach-
biblische Figuren und Zeichen (Engel, Krippe, Stern). Das Weihnachtsfest
ist heute ein Stück „Familienreligion“ par excellence, in der „Heiligen
Familie“ finden etwaige familiäre Sehnsüchte Resonanz. Als kulturelle
Institution sind Weihnachten und die Weihnachtszeit Ausdruck eines öf-
fentlich werdenden Christentums und ein Element des gesellschaftlichen
Lebens. Dies reicht vom kommerzialisierten Weihnachten mit entsprechen-
dem Schmuck und Beleuchtung über Weihnachtsliteratur und -film als ei-
gene Gattung bis zu den spezifisch weihnachtlichen Spenden- und Hilfs-
aktionen und der zivilreligiösen Weihnachtsansprache des Bundespräsi-
denten.

Im Laufe der Zeit ist auch Weihnachten im kirchlichen Bewusstsein mehr
und mehr auf den Heiligabend bezogen worden, die beiden Weihnachts-
tage werden tendenziell zum Nachklang des Festes.

Die nordisch anmutende Figur des Weihnachtsmannes etwa ist nicht nur
Inbegriff eines kommerzialisierten und pädagogischen Festes, sondern
integriert auch den Mythos vom „wilden Gesellen“, der unheimlich und
gütig in einem ist. [3]

Im Wettbewerb zu den politischen Systemen entwickelten sich gewisse
Eigenheiten heraus. So trat in den Zeiten der Sowjetunion der Begriff
„Weihnachten“ in den Hintergrund und wurde durch die Bezeichnung
„Väterchen Frost“ ersetzt. In der früheren DDR wurden die Weihnachts-
Engel umbenannt in „Jahresendfiguren mit Flügeln“.

Im Westen ist Weihnachten nicht nur das Fest des Schenkens oder des
Beschenktwerdens, besonders in den Familien, im Sinne bloßer Kauf-
mechanismen, geworden, sondern bleibt Anlass, auf das Heil hoffen zu
dürfen, das mit Jesus Christus in die Welt kam, und immer neu darüber
zu jubeln.

Vom Tridentinum (Konzil von Trient) bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil
galt das Fest der Darstellung des Herrn (Mariä Reinigung oder Lichtmess)
am 2. Februar, das ist der vierzigste Tag nach der Geburt Christi, als ein
Abschluss der Weihnachtszeit, wohl deshalb, um eine nach der Osterzeit
entsprechende Zeitdauer zu erzielen. Denn nicht wenige Weihnachts- und
Epiphaniebräuche, wie die Aufstellung von Weihnachtskrippen, erstrecken
sich bis zum 2. Februar. [5]

Bestimmte christliche Freikirchen verlegen die Geburt Christi auf den Zeit-
punkt (Mitte/Ende) September bzw. Anfang Oktober in der vertretenen An-
nahme, dass Johannes der Täufer um die Pfingstzeit (nach der 8. Dienst-
ordnung der Abija-Priester im Jerusalemer Tempel) gezeugt wurde. Dabei
gehen sie hier von einem Geburtszeitpunkt Jesu aus, der 6 Monate später
nach der Geburt des Johannes liegt. [6]

ANMERKUNGEN
[1] Hartmann Grisar, GESCHICHTE ROMS UND DER PÄPSTE
IM MITTELALTER, 1. Band: Rom beim Ausgang der antiken
Welt, Nachdruck bei GEORG OLMS Verlag, Hildesheim usw.
1985, Nr. 508.
Im HANDBUCH DER KIRCHENGESCHICHTE, 1. Teil: Das Alter-
tum, erschienen im Verlag von J. C. B. Mohr, Tübingen
1923, heißt es unter § 37,9: „In Rom … ward die Anse-
tzung der Geburt Christi auf den 25. Dez. wahrschein-
lich schon vor 336 … zum willkommenen Anlass, den heid-
nischen Festen der Saturnalien (17. - 23. Dez.) und Bru-
malien (Wintersonnenwende; Geburtstag des Sol invictus,
25. Dez.) ein christliches Freudenfest an die Seite zu
stellen.“
[2] Hans-Peter Ebert, Festtage zum Nachlesen (Hintergrün-
de zu Zeitrechnung und Brauchtum), DRW-Verlag, Leinfelden-
Echterdingen 2001, Seiten 120 – 142.
[3] TASCHENLEXIKON RELIGION UND THEOLOGIE, Band 3: O-Z,
Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, die Seiten
1254 – 1256.
[4] Die wichtigsten Feier- und Gedenktage (Religiöse und
nationale Feiertrage weltweit), Chronik Bertelsmann, Wis-
sen Media Verlag, München/Gütersloh 2009, die Seiten 72 +
73.
[5] Lexikon der Pastoral (Lexikon für Theologie und Kirche
kompakt), Band 2: Kl-Z, Verlag Herder, Freiburg 2002, die
Seiten 1828/29.
[6] Intern (Studien - Bildung - Nachrichten), Jahrgang 13,
die Nr. 12 vom 19. Dezember 2008, Herausgeber in Deutsch-
land: Vereinte Kirche Gottes mit Sitz in Bonn, Seiten 9/10.